Orte oder Räume?

Text zur Austellung „confronto“ von Karin Hofer



„Der Raum ist ein Ort mit dem man etwas macht.“
Michel De Certeau

Luoghi o Spazi?

Testo sul lavoro "confronto" di Karin Hofer

 


Lo spazio è un luogo nel quale si agisce” Michel de Certeau

 

Als wir uns trafen um meinen Katalogsbeitrag zu besprechen, bat ich Karin den Ausdruck eines ihrer Fotos bei mir zu lassen. Ich habe also ihren poetischen Vergleich der italienischen Version einer Kehrschaufel mit der österreichischen auf meinem Schreibtisch liegen, während ich schreibe. Diese Schaufeln deuten nicht nur auf unterschiedliche Darstellungen des selben Gegenstandes, sondern sie beschreiben auch verschiedene Weisen des Umgangs mit den Objekten: in einem Fall bücke ich mich zum kehren, im anderen stehe ich. Doch die rote Schaufel kann ich auch leicht unter einem Regal verstauen, die Gelbe braucht sicherlich mehr Platz.

Obwohl mich die Aufgabe anreizt, fällt es mir nicht ganz leicht diesen Text zu schreiben. Ich stehe zwar nahe zum Thema, da in beiden Länder gelebt habe und mit beiden Kulturen vertraut bin. Doch gerade diese Nähe kann Vergleiche in plakative und langweilige Blasen auflösen. Auf der Suche nach Ideen, blicke ich zu meinen Bücher. Ich ziehe die „Kunst des Handelns“ aus den Regal, und beginne den Abschnitt über die „Praktiken im Raum“ zu lesen.

Handlungen werden hier als metaphorisch beschrieben: so wie die kommunalen Verkehrsmittel (metaphorai auf neugriechisch!), durchqueren sie Orte, stiften sie dynamische Verknüpfungen zwischen Teilen einer Stadt oder Regionen die voneinander abgetrennt sind. Sie wandeln geographische Orte in „Räume“ um, in menschliche Aktionen, Praktiken, letztendlich in Erzählungen: aus einen geographischer Ort wird in ein „Handlungs- Theater“ erzeugt.

Karins Fotos scheinen mir in subtiler Weise diese Art von metaphorai wiederzugeben: die symbolischen Trennlinien der Fahne, also der geographischen und linguistischen Orte, werden in „gewöhnliche“ Räume des häuslichen Alltags umgewandelt. Die staatliche Grenze entfaltet sich in einer Geographie alltäglicher Wege, in wiederholte Gebräuche, in Erforschungen unterschiedlicher „lokaler“ Geschmacke: sie wird zur Grenze des Häuslichen.

Ich blicke erneut die beiden Schaufeln an: könnten ihre unterschiedliche Volumina auf einen grösseren Stauraum in italienischen Wohnungen als in österreichischen deuten? Meine Lebenserfahrung in beiden Ländern würde dieser Aussage widersprechen. Doch eines ist bei einen Domizilsvergleich innerhalb der beiden Länder auffallend: italienische Wohnungen haben immer einen Balkon, bei österreichischen ist es selten der Fall. Balkone bringen in Italien einen Teil des häuslichen Alltag nach außen, ob es jetzt Kehrschaufeln, zu trocknende Wäsche, Pflanzen, oder Kinderspielzeuge sind. In Österreich dagegen, scheinen die Grenzen zwischen Innen- und Außenbereiche strikter zu sein: die Schuhe werden vor der Tür ausgezogen, die Mäntel hängen gleich neben der Eingangstüre...der Straßenstaub wird auf keinen Fall hineingelassen.

Zurück zu dem Foto. Wie schon am Anfang bemerkt, deuten die beiden Objekte auch auf einen unterschiedliche Verwendung: durch eine Körperliche Anstrengung (das bücken) kann ich den Schmutz genauer auf die Schaufel bringen, doch der Staub kommt mir auch näher, legt sich möglicherweise auf die Kleidung, oder dringt in meine Atemwege ein... In der italienischen Version der Handlung brauche ich für mein Wohlsein, mein Gewand und meine Gesundheit nichts befürchten, der Boden wird jedoch nicht so penibel gekehrt...ist vielleicht auch bedeutungslos da die Straßenschuhe sowieso wieder Unsauberkeit einbringen!

Diese Grenzen der alltäglichen Gebräuche, wie wir weitergehend aus der Lektüre De Certeaus Text erfahren, beruhen jedoch auch auf einen Gegensatz: aufgrund der Vielfältigkeit menschlicher Handlungen, schaffen sie - anders als die strikt definierten geographischen Schranken - immer auch Berührungen. Es sind Trennlinien die gleichzeitig auch Brücken bilden.
In analoger Weise erzeugen auch die einfachen, „unbedeutsamen“ Gegenstände Karins Arbeit Brücken. Brücken, welche die symbolischen Markierungen zweier benachbarten Nationen hinterfragen. Und welche ein Versuch bilden, die subtilere Spaltung zwischen künstlerischen Produktion und Alltagspraktiken aufzuheben.

 

Quando ci incontrammo per definire i parametri di questo testo, chiesi a Karin di lasciarmi la copia di una delle sue fotografie. Così, mentre scrivo, ho davanti a me il suo poetico confronto tra la versione austriaca e quella italiana di una paletta da pulizia. Questa foto non solo mostra come uno stesso oggetto possa variare nella sua forma, bensì ci fornisce anche una descrizione di come la diversità del disegno ne muti l`uso: in un caso, per pulire il pavimento, mi devo inchinare, nell´altro sto in piedi. D´altra parte, la paletta rossa può venire riposta sotto un armadio, quella gialla necessita di maggiore spazio.
De Certeau, ne "L'invention du quotidien" paragona le attività giornaliere ai trasporti comunali (metaphorai in greco) che, attraversando e collegando quartieri o regioni distanti tra di loro, trasformano i luoghi geografici in spazi, in azioni, pratiche, ed infine racconti: a partire da un luogo geografico, si viene a creare una sorta di “teatro d´azione”.
Le foto di Karin mi sembrano un´ acuta riproposizione di questo tipo di metaphorai: le linee divisorie della bandiera – cioè i confini dei “luoghi” geografici e linguistici – vengono tradotte in spazi consueti della vita di ogni giorno. Il confine di stato si dispiega nella geografia dei percorsi quotidiani, in usanze ripetute, nell´esame di svariati gusti locali: diventa la demarcazione del domestico.
Confrontando i domicili dei due paesi, mi salta all`occhio un particolare: le abitazioni italiane hanno sempre un balcone, quelle austriache di rado. I balconi portano una parte della quotidianità - che si tratti di arnesi per le pulizie, biancheria, piante o giocattoli per bambini – al di fuori dell´intimità domestica. In Austria le demarcazioni fra spazi interiori ed esteriori sono più definite: le scarpe vengono tolte prima di entrare in casa, i cappotti sono appesi in prossimità dell´ingresso… la polvere della strada viene tenuta all´esterno in ogni modo.
D´altro canto le azioni quotidiane celano, come esplica de Certeau, una contraddizione: essendo molteplici ed eterogenee, non producono solamente differenze a livello socio-culturale, bensì anche punti di contatto.
Anche i semplici ed “irrelevanti” oggetti del lavoro di Karin creano aderenze. Aderenze che, come si è visto, mettono in discussione le frontiere simboliche di due nazioni, mutandole in differenze di quotidianità. E che tentano di neutralizzare l´ancor più sottile fenditura fra produzione artistica e pratiche giornaliere.